Der Kirchenkreis und seine Gemeinden und Einrichtungen tragen Sorge für ein Arbeitsklima, in dem die Grenzen aller Personen, insbesondere von Kindern, Jugendlichen und Schutzbefohlenen respektiert und geachtet werden. Selbst erlebte oder von außen wahrgenommene Grenzüberschreitungen sollen ohne Angst vor Sanktionen und Benachteiligung angesprochen und Kritik geäußert werden können. Es gilt, je vor Ort Strukturen und Möglichkeiten zu schaffen, in denen dies in Offenheit und ohne negative Konsequenzen für die entsprechenden Beschwerdeführenden geschehen kann.
Folgende weitere Maßnahmen u.a. bei der Einstellung neuer Mitarbeitender sollen ebenso für Klarheit, Transparenz und Prävention sorgen:
- Dienst- und arbeitsrechtliche Sanktionen: Laut Beschluss der EKD sind Täter*innen eines sexuellen Missbrauchs oder einer Straftat, die den Tatbestand der Kinder- und Jugendpornographie erfüllt, für den kirchlichen Dienst nicht geeignet (Einleitung eines Disziplinarverfahrens / fristlose Kündigung / Untersagen der weiteren Mitarbeit / Zusammenarbeit mit Strafverfolgungsbehörden). Alles weitere regelt der Landeskirchliche Krisenplan mit seinen ergänzenden Handlungsgrundsätzen! ( Anlagen: „Interventionsplan für Fälle sexualisierter Gewalt und andere Pflichtverletzungen durch kirchliche Mitarbeitende“ UND „Ergänzende Handlungsgrundsätze zum Interventionsplan“, s. dort v.a. S. 4-8: „Strafrechtliche Dimension“ bzw. „Dienst-/arbeitsrechtliche Dimension“, Anlage 1 und 2 zur Rundverfügung G 1/2024 vom 23.01.2024)
- In Einstellungsverfahren stellen der Kirchenkreis bzw. die verantwortlichen Gemeinden und Einrichtungen sicher, dass bei neuen Mitarbeitenden sowohl eine fachliche Qualifikation als auch persönliche Eignung für die auszuführende Tätigkeit vorliegt.
- Bewerbungsschreiben sind genau zu sichten: Gibt es in Arbeitszeugnissen Hinweise auf Straftaten oder Grenzüberschreitungen? Wurden auffällige Formulierungen gewählt, die Zweifel im Hinblick auf die Einhaltung professioneller Standards im persönlichen Umgang mit Schutzbefohlenen aufkommen lassen? Gab es plötzliche Kündigungen oder häufige Wechsel des Arbeitsplatzes?
- Im Bewerbungsgespräch werden ein grenzachtender Umgang, der geltende Verhaltenskodex bzw. die zu unterschreibende Selbstverpflichtungserklärung, das Vorlegen eines erweiterten polizeilichen Führungszeugnisses sowie die für alle Mitarbeitenden verpflichtenden Grundschulungen zur Prävention thematisiert und terminiert. Dazu kann z.B. ein Fall mit Grenzsituationen konstruiert und der Umgang des/der Mitarbeitenden damit ausgewertet werden.
- Neu eingestellte haupt-, neben- und ehrenamtliche Mitarbeitende sollen innerhalb des ersten halben Jahres ihrer Tätigkeit, d.h. bis zum Ende der Probezeit, eine Grundschulung zur Prävention sexualisierter Gewalt durch eine*n landeskirchliche*n Multiplikator*in oder direkt bei der Fachstelle (online oder in Präsenz) absolvieren, sofern dies noch nicht an ihrem vorherigen Einsatzort geschehen ist. Eine Bescheinigung darüber ist dem Anstellungsträger vorzulegen. Für das Einhalten dieses Zeitplans ist die Personalabteilung des KKA bzw. der/die leitende Hauptamtliche der jeweiligen Gemeinde bzw. die Einrichtungsleitung verantwortlich. Die Grundsätze unserer Landeskirche (v. 26.01.2021) formulieren hier Folgendes: „Für alle beruflich und ehrenamtlich Mitarbeitenden, die in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen oder in anderen Obhutsverhältnissen tätig sind oder die Leitungsaufgaben wahrnehmen, sind Fortbildungsveranstaltungen durchzuführen, in denen mindestens folgende Kenntnisse und Befähigungen vermittelt werden: Grundwissen zum Thema sexualisierte Gewalt und zu sexualpädagogischen Fragen / Kenntnisse zum Nähe-Distanz-Verhalten und zur grenzachtenden Kommunikation / die Kenntnis dieser Grundsätze und der darin geregelten Rechte und Pflichten / bei Leitungspersonen zusätzlich die Befähigung zur Erstellung einer Risiko- und Ressourcenanalyse als Grundlage für die Entwicklung eines Schutzkonzepts.
- Bei Hospitationen, Praktika und in der Probezeit soll genau beobachtet werden, wie sich eine Person im beruflichen Alltag verhält. Hinweisen auf grenzüberschreitendes Fehlverhalten muss unverzüglich nachgegangen werden – letzteres gilt im Übrigen auch für bereits tätige Mitarbeitende, es gibt keine „berufliche oder gewohnheitsmäßige Immunität“ in dieser Thematik.
- Berufliche Mitarbeitende, die in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen oder mit Menschen in Abhängigkeits-/Obhutsverhältnissen tätig sein werden, dürfen nur eingestellt werden, wenn sie vor Tätigkeitsbeginn ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis nach § 30a des Bundeszentralregisters (BZRG) vorlegen und dieses keine Eintragung wegen einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung enthält. Spätestens nach 5 Jahren nach der letzten Vorlage ist erneut ein erw. pol. Führungszeugnis vorzulegen, die Personalabteilung des KKA erinnert schriftlich entsprechend daran.
- Ehrenamtliche, die im kinder- und jugendnahen Bereich tätig sind, haben dem kirchlichen Rechtsträger vor Aufnahme der Tätigkeit ein erweitertes Führungszeugnis § 30a BZRG vorzulegen, wenn Art, Intensität und Dauer des Kontakts der Ehrenamtlichen mit Kindern und Jugendlichen dies notwendig machen. (sh. Rundverfügung G 9 / 2013)
- Einen Vordruck mit der Bitte um Ausstellung zur Vorlage im Bürgeramt stellt die zuständige Kirchengemeinde bzw. Einrichtung zur Verfügung. Vorgelegte Führungszeugnisse sollen nicht älter als 5 Jahre sein.
- Als Ehrenamtliche, für die diese Regelung greift, gelten hier mindestens all Diejenigen, die geplant bzw. vorhersehbar eine regelmäßige oder längerfristige Aufgabe in der Gemeinde übernehmen, wiederkehrende Angebote begleiten (z.B. Gruppenstunden, Chorproben, Konfirmandenunterricht), dabei im direkten Kontakt mit Menschen (v.a. mit Minderjährigen, aber auch in anderen Macht- und Abhängigkeitsverhältnissen) arbeiten,
Maßnahmen mit Übernachtungen (Freizeiten, Seminare, Chorfahrten, Jugendbegegnungen, Übernachten im Gemeindehaus oder in der Kirche) betreuen, Einzelbetreuung übernehmen (gilt für die Arbeit mit Minderjährigen, z.B. im Rahmen von Hausaufgabenhilfe, Gesangs-/ Instrumentalunterricht , verabredete Seelsorgegespräche, Tätigkeiten überwiegend allein wahrnehmen (als einzelne Gruppenleitung), Tätigkeiten in abgeschlossenen Bereichen ausüben (z.B. Übungsraum, der von außen nicht einzusehen ist), Beratungsangebote machen oder Ferienbetreuung anbieten.
- Ein Führungszeugnis ist in der Regel nicht erforderlich für Eltern und Angehörige bei kurzzeitigen, vereinzelten Aktivitäten des kirchlichen Rechtsträgers (z.B. Begleitung von Ausflügen, Essensausgabe, Unterstützung von Festen etc.)
- Generell ist immer auch die Persönlichkeit der/des Ehrenamtlichen zu berücksichtigen, so dass im Einzelfall ein strengeres Auslegen der Kriterien notwendig sein kann! (s. Anlagen Schaubild „Wann muss ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis eingesehen werden“, Landesjugendring Niedersachsen e.V. UND Rundverfügung G9 / 2013 (!), Landeskirchenamt Hannover).
- Mitarbeitende im Beamtenverhältnis (Pastor*innen) müssen vor ihrer Einstellung ein erweitertes Führungszeugnis beantragen. Dieses wird dem entsprechenden Dienstherrn direkt zugestellt. Anklagen gegen Beamte werden dem jeweiligen Dienstherrn von der zuständigen Behörde direkt mitgeteilt. Durch Beamte begangene Ordnungswidrigkeiten und Straftaten werden ins Bundeszentralregister eingetragen.
- Im Rahmen einer qualifizierten Einarbeitung setzen sich die (neu eingestellten) Mitarbeitenden mit dem Schutzkonzept, der Selbstverpflichtungserklärung und dem Verhaltenskodex auseinander.
- Bei uns bisher unbekannten, neuen Ehrenamtlichen aus anderen Kirchenkreisen/-gemeinden, die bei unsmitarbeiten möchten, soll Rücksprache mit ihrer entsprechend bisher zuständigen Kirchenkreis- bzw. Gemeindeleitung gehalten werden, um etwaige fachliche oder persönliche Defizite, Vorfälle oder Auffälligkeiten im Umgang mit Schutzbefohlenen zu erfragen und Wiederholungsfälle im neuen Tätigkeitsbereich auszuschließen. Bei entsprechenden Vorfällen in der Vergangenheit soll der/die Ehrenamtliche von der Mitarbeit ausgeschlossen werden. In diesem Fall soll auch geklärt werden, ob geschehene Grenzüberschreitungen / Übergriffe etc. weiterer Meldung, Klärung oder Aufarbeitung bedürfen oder ob dies bereits im alten Wirkungskreis in die Wege geleitet wurde.
- Im Rahmen von Dienstbesprechungen oder Teamklausuren, bei Planungen und im Verlauf von Freizeiten oder besonderen Maßnahmen mit Kindern, Jugendlichen und Schutzbefohlenen soll das Thema „Prävention“ bzw. „Schutzkonzept“ regelmäßig angesprochen, aktuelle Beobachtungen, Bedenken oder Verbesserungsvorschläge für einen achtsamen Umgang geäußert werden und somit Raum im Alltag der Gemeinde oder Einrichtung bekommen.
- In Visitationsgesprächen nimmt die/der Superintendent/in ebenfalls das aktuelle Schutzkonzept in den Blick und erfragt bei Haupt- und Ehrenamtlichen die Umsetzung vor Ort.